Ein langersehnter Wunsch ist für Janin Beyer in Erfüllung gegangen – Einmal den Knastmarathon in der JVA Darmstadt mitzulaufen. Nur 150 Startplätze waren für „externe Läufer“ beim 12. Darmstädter Knastmarathon zugelassen. Dieser Wettbewerb ist ganz anders als die üblichen Veranstaltungen, denn schon bei der Anmeldung muss man sich eine behördliche Überprüfung gefallen lassen. Seinen Fanclub, der einen über die Distanz von 42 Km anfeuert konnte man getrost zu Hause lassen, da nur ein Angehöriger pro Teilnehmer mit in die JVA durfte. Bevor man zu den festen Einlaßzeiten in 10er Gruppen in die JVA eingeschleust wurde, wartete man vor verschlossenen Toren der JVA, um über den Ablauf und den darauffolgenden Kontrollen von einem Bediensteten der JVA informiert zu werden. Was bei anderen Wettbewerben erwünscht ist, war bei dieser Veranstaltung verboten wie zB. Handys und Fotoapparate. Selbstverständlich durften keine Waffen, Drogen etc. mit in die Anstalt genommen werden. Den Zugang aufs Gelände bekam man erst wenn die Überprüfung und Abgabe des Personalausweises vollzogen wurde, die Personen – und Gepäckkontrolle nichts negatives an´s Tageslicht brachte. Um nichts dem Zufall zu überlassen wurden die Sportler und deren Angehörigen noch von einem Drogenspürhund beschnüffelt. Wer geglaubt hat, das bei solch einem Marathon unter den Anstaltsfremden Läufern, den inhaftierten Läufern, Angehörigen und Helfern (die aus Inhaftierten und Bediensteten bestand) eine angespannte Stimmung herrschte der irrte sich. Die Stimmung war vor dem „Startschuss“, während und nach dem Wettbewerb unter allen Anwesenden ausgesprochen gut. Kein Wunder, denn zwischen vielen Teilnehmern besteht ein kollegiales Verhältnis und das Marathonprojekt ist zu einer festen Veranstaltung geworden, bei der man sich immer wieder gerne trifft. Jedes Jahr startet der Marathon hinter den Mauern der JVA-Darmstadt von neuem, in der Hoffnung, möglichst viele Häftlinge durch den Sport zu motivieren. Sieben lange Monate kontinuierlich zu trainieren, Misserfolge zu ertragen, Erfolge zu festigen, die eigenen Grenzen kennen lernen und am Ende den Marathon gemeinsam anzugehen und erfolgreich zu finishen. Genau das zeichnet diesen Marathon aus: Harte Jungs, die sich gegenseitig durch den Marathon gezogen haben. Resozialisierung durch den Sport ist die Formel, dies funktioniert leider nicht immer, aber wenn es einer schafft dann hat er die größte Hürde genommen. Für Janin war es ein Erlebnis, an diesem außergewöhnlichen Marathonprojekt teilgenommen zu haben, auch wenn sie einiges als gewöhnungsbedürftig empfand. Nicht abschließbare Toiletten sowie die umfangreiche und kostenlose Versorgung vor, während und nach dem Lauf für alle Läufer wie auch für deren Angehörige. Vermisst wurden jedoch die Bananen die üblicherweise den Läufern während des Wettbewerbs gereicht werden, aber genau diese Bananen hatte der Koch der Anstalt am Vortag als Nachspeise für die Häftlinge verarbeitet.Der Start erfolgte um 10:00 Uhr, logischerweise nicht durch einen Pistolenschuss, sondern durch das runterzählen von 10 auf 0. 24-mal musste die 1,7 Km lange Runde abgelaufen werden und das bei mittlerweile 30°. Da die Luft innerhalb der Gefängnismauern förmlich stand und kein Lüftchen wehte wurde die Streckenverpflegung durch Wasser, Salztabletten, Magnesium und Duschen deutlich erhöht. Permanent wurden Wasserbehälter durch die Inhaftierten Helfer über die Strecke getragen und aufgefüllt. Trotz der erschwerten Bedingungen bzgl. der Temperaturen welche zu Leistungseinbrüche bei den Sportlern führte sorgte der Moderator über die gesamte Strecke für eine gute Stimmung, die durch Musik begleitet wurde. Der große Vorteil für die 226 Teilnehmer bei diesem Marathon war, dass wenn man aussteigen musste es nicht weit bis zum Start/Ziel hatte. Janin konnte als fünfte Frau mit einer Zeit von 4:01:23 das Ziel überqueren. Trotz vieler Kuriositäten war es ein eindrucksvoller Lauf den man unbedingt mal mitgemacht haben muss. Nach der Siegerehrung wurde Janin erfolgreich „entlassen“.